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Nadine Spitalar - Industriemechanikerin und Fußballerin

Nadine Spitalar macht bei thyssenkrupp Steel ihre Ausbildung zur Industriemechanikerin und spielt leidenschaftlich gern Fußball. Die 22-jährige bewegt sich sowohl privat als auch beruflich in sogenannten Männerdomänen – und findet, diese Stereotypisierung sei völliger Quatsch.

Ich habe mich nach der Schule ganz bewusst für eine technische Ausbildung entschieden. Das Interessante an der Ausbildung zur Industriemechanikerin ist die Abwechslung: Fräsen, Drehen, Bohren – und das immer woanders. Ich komme viel rum. Wir erfahren erst morgens in der Frühbesprechung, in welchem Betrieb und an welcher Anlage unser Tageseinsatz sein wird. Ich bin jetzt im dritten Lehrjahr, eingesetzt im Kranreparaturbetrieb und packe wie jedes andere Teammitglied mit an. Wenn ich mit meiner Kolonne rausfahre, haben wir den Auftrag, etwas zu reparieren oder instand zu halten. Das geht vom Seilwechsel über das Austauschen einer Bremse bis hin zu ganzen Getriebewechseln.

Wenn man den ganzen Tag miteinander verbringt, wächst man als Team schnell zusammen

In unserem Team bin ich die einzige Frau. Im Nachbarteam, mit dem wir zusammenarbeiten, sind zwei Frauen: Schweißerinnen in der Ausbildung. Noch sind wir in der Unterzahl in den Reparaturbetrieben. Aber eigentlich spielt das auch überhaupt keine Rolle. Ich gehöre hier zum Team. In der Ausbildung hat man keine feste Kolonne, sondern fährt mit wechselnden Kollegen mit. Das hat den Vorteil, dass man sehr schnell alle kennen lernt. Wenn man den ganzen Tag in einer kleinen Gruppe verbringt, dann bequatscht man auch Privates – und wächst als Team sehr schnell zusammen. Ich fühle mich deshalb nach dieser kurzen Zeit schon sehr gut integriert. Ich weiß aber auch, dass ich noch viel lernen muss. Zum Beispiel würde ich mich auf dem Werksgelände noch hoffnungslos verfahren. Aber wer selber eine Kolonne fährt, muss sich auf dem Werkgelände gut auskennen und den richtigen Betrieb schnell finden.

Auch privat ein Teamplayer

In meiner Freizeit spiele ich beim MSV Duisburg in der Frauen-Niederrhein-Liga. Für Fußball interessiere ich mich, seit ich laufen kann. Als Kind fand ich Bälle immer besser als Puppen, ich musste mich bewegen. Mit elf Jahren wollte ich richtig mit Fußballspielen anfangen und habe mich beim TV Jahn Hiesfeld angemeldet. Allerdings mussten damals erst ein paar Mädchen zusammengetrommelt werden, damit wir eine ganze Mannschaft bilden konnten.

Bei einem Testspiel gegen den FCR Duisburg – so hieß der MSV damals noch – habe ich offenbar so gut gespielt, dass sie mich zu einem Probetraining einluden. Ich habe dann sieben Jahre lang beim MSV gespielt – bis ich durch eine Verletzung längere Zeit ausgefallen bin. Diese Auszeit fiel mir nicht leicht, und nach meiner Genesung war an eine Rückkehr zum MSV erstmal nicht zu denken. Also habe ich in anderen lokalen Vereinen gespielt. Dass ich überhaupt wieder spielen konnte, war für mich erst einmal das Wichtigste.

Ein guter Trainingsplatz ist das A und O. Kunstrasen hat gegenüber echtem Rasen, Asche und Sand den Vorteil, dass er eben ist – es gibt keine Hubbel, keine Kuhlen. Wenn du einen sauberen Pass hinlegst, landet der Ball auch dort, wo er soll. Keine Ausreden, kein Frust, dass er trotz bester Technik irgendwo landet. Aber ein solcher Trainingsrasen ist für einen Verein nicht aus der Kaffeekasse zu bezahlen. Zumal er sich durch das Hochleistungstraining mit der Zeit auch abnutzt. Unterstützung von außen ist da sehr wichtig. Wenn es die Möglichkeit gibt, auf so einem Platz zu trainieren, will man keinen anderen mehr.

Privatleben und Beruf vereinbaren

Als ich im letzten Jahr zum MSV zurückgekehrt bin, habe ich allerdings schnell gemerkt, dass sich voller Einsatz beim Fußball nur schwer mit einer Ausbildung in Vollzeit vereinbaren lässt. Ich komme erst spät vom Training nach Hause, muss aber am nächsten Morgen wieder sehr früh raus. Natürlich habe auch ich – wie so viele in meinem Alter – früher von einer Fußballprofikarriere geträumt. Die Profispiele der Frauen finde ich spitze – viel besser als die der Männer. Frauen sind nicht so verweichlicht, stehen nach einem ruppigen Zweikampf einfach wieder auf und spielen. Aber weibliche Fußballprofis verdienen, anders als ihre männlichen Kollegen, nicht viel. Sie brauchen einen „richtigen“ Job, damit das Gehalt zum Leben reicht.

Darum hat meine Ausbildung für mich absoluten Vorrang, und ich habe mir zu Beginn meines betrieblichen Einsatzes noch einmal ein Jahr Auszeit vom Fußball gegönnt. Als sich alles ein wenig eingependelt hatte, bin ich wieder zurück beim MSV. Ich bin froh, dass die Rückkehr aufs Spielfeld dann relativ problemlos funktioniert hat. Viel Zeit für anderes bleibt nicht: Ich trainiere an drei Abenden pro Woche. Zwischen Feierabend und Training ist gerade genug Zeit zu essen, zu packen und ein wenig zu verschnaufen. Sonntags sind die Spiele. Ich arbeite in der Ausbildung von Montag bis Freitag – da geht das. Wenn nach der Ausbildung der Schichtdienst losgeht, sieht das wahrscheinlich wieder ganz anders aus.

Mein Tipp: Trau dich!

Mädels, die gern Fußball spielen würden, rate ich: Trau dich und tu´s doch einfach. Und wenn du jung bist, fang am besten bei den Jungs an. Die werden anders trainiert, und das kommt einem als Mädchen später zu Gute. Ich hatte die Möglichkeit damals nicht – und es hängt mir noch heute nach.

Den gleichen Tipp gebe ich Mädchen, die eine technische Ausbildung machen möchten, sich aber nicht trauen. Teilweise gibt es da komische Vorurteile, das erfahre ich immer wieder z.B. auf Ausbildungsmessen am Stand von thyssenkrupp Steel. Da geht es weniger um die Zusammenarbeit mit den Männern: klassische Männerberufe oder dass Frauen in der Unterzahl im Team sind, das ist heute eher weniger ein Thema. Aber Schülerinnen mit 14, 15 Jahren haben wohl Angst um ihr Aussehen, wenn sie „im Blaumann“ im Betrieb arbeiten. Als würde man das nach Feierabend noch sehen. Wenn sie bei einer Messe dann sehen, dass ich mich außerhalb des Betriebs zurechtmache und man auch meinen Händen und Fingernägeln nicht ansieht, dass ich mit Werkzeug und Schmierfetten an Anlagen arbeite, sind sie überrascht und an einer technischen Ausbildung interessiert.

Männer- und Frauenjobs – das ist doch Quatsch

Ich würde mich wieder so entscheiden und eine technische Ausbildung machen, ein Bürojob wäre nichts für mich. Die Arbeitszeiten sind gut, die Arbeit im Team macht mir sehr viel Spaß und bei thyssenkrupp verdient man in der Ausbildung gutes Geld. Auch das ist Wertschätzung. Außerdem werden wir in die Teams integriert. Wir machen keine Aushilfsarbeiten, sondern lernen unseren Job. Nach meiner Ausbildung möchte ich gern meinen Meister machen und selbst Ausbilderin werden.

Ich fühle mich im Werk und in meinem Team angekommen. Die Einteilung in Männer- und Frauenjobs ist doch eh Quatsch. Jeder soll das machen, worin seine Talente liegen und was ihm Spaß macht. Auf den Charakter kommt es an, und auf den Umgang miteinander.

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