
Wie ein stählernes Hochhaus ragt das Heck der „Quantum of the Seas“ im Baudock II bis unter die Decke der riesigen Halle. An allen Ecken und Enden des 16-stöckigen Schiffsteils wird parallel gearbeitet: Während am Achterdeck schon die Fensterscheiben eingesetzt sind, blitzt in anderen Etagen Funkenregen auf – hier werden noch Wände und Profile verschweißt.
Am Rand des Docks lädt ein Gabelstapler eine von insgesamt 2.000 Fertigkabinen ab, darin hängen die Bilder schon an den Wänden und der Teppich liegt aufgerollt neben dem Mobiliar. „Wir konstruieren und bauen schwimmende Städte“, sagt Werftinhaber Bernard Meyer (65), „dabei sind wir als Systemanbieter gefordert, von den ersten verschweißten Stahlplatten über Restaurants und Theater bis zu komplexen IT-Netzwerken und der Gesamtversorgung.“
Mitte der 1980er-Jahre stieg Meyer in den Bau von Kreuzfahrtschiffen ein – und sicherte damit die Existenz der Werft mit derzeit 3.100 Mitarbeitern. Die Investitionen zahlen sich aus: Der thyssenkrupp Steel Europe Kunde erwirtschaftet einen Jahresumsatz von mehr als einer Mrd. Euro, zählt alle großen Kreuzfahrtreedereien zu seinen Abnehmern und Traumschiffarchitekten reißen sich darum, für den Weltmarktführer zu arbeiten.

Sechs Luxusliner bis 2017
„Vielseitiger als der Bau von Kreuzfahrtschiffen kann Schiffbau kaum sein“, sagt Ralf Sempf, Leiter Einkauf/Materialwirtschaft und Mitglied der Geschäftsleitung. Zumal die Werft weitere „Specials“ im Portfolio hat. So verzeichnen die bis 2017 prall gefüllten Auftragsbücher neben sechs Luxuslinern 29 Flusskreuzfahrtschiffe, die in der Rostocker Neptunwerft gebaut werden.
Die Vorfertigung findet im Papenburger Laserzentrum statt. Etwa ein Drittel der Grobbleche für die Produktion kommt aus Duisburg-Hüttenheim. „thyssenkrupp Steel Europe ist für uns seit Jahrzehnten ein sehr wichtiger Partner, nicht nur als Lieferant, sondern auch in der Entwicklung“, sagt der Chefeinkäufer. „So arbeiten wir gemeinsam daran, noch dünnere Bleche in den Standardformaten, die wir benötigen, herzustellen, um Gewicht und damit Energie einzusparen.“
„Neben diesen Aktivitäten ist unsere Produktpalette für den Schiffbau in den letzten Jahren konstant geblieben“, ergänzt Mario Klatt, Verkaufsleiter Inland der Geschäftseinheit Grobblech bei thyssenkrupp Steel Europe. „Wir schätzen die Meyer Werft als verlässlichen Kunden.“
Der Sohn steht bereit
Bei Meyer denkt man bereits daran, künftig auch Zubringer und Wartungsschiffe für Offshoreanlagen anzubieten. „Denn nur mit Know-how, höchster Produktivität und Flexibilität beim Bau komplexer Spezialschiffe haben europäische Werften eine Chance“, sagt Bernard Meyer mit Überzeugung. „Das beweist unsere Entwicklung.“ Um gegen die wachsende Konkurrenz aus Asien zu bestehen, kündigt er Kooperationen mit anderen europäischen Werften an. Und mit seinem Sohn Jan Meyer steht jetzt die nächste Generation bereit, um die Zukunft der fast 220 Jahre alten Traditionswerft zu sichern.
Mehr Informationen zur Meyer Werft sowie ein Blick durch die Webcam in die Baudocks unter: http://www.meyerwerft.de