Tagespresse, 11.07.2014, 11:22
Argentinier fiebern dem WM-Duell entgegen: Ezequiel Alaniz, Industriemechaniker bei ThyssenKrupp Steel Europe, freut sich nach zwei Nachtschichten auf ein Grillfest am Sonntag
Kurz vor dem Endspiel steigt das Fußball-Fieber für einige Argentinier, die bei ThyssenKrupp Steel Europe in Duisburg arbeiten. Ezequiel Alaniz war zwölf Jahre alt, als er 2003 mit seinen Eltern und zwei Schwestern aus Buenos Aires nach Voerde - gut zwölf Kilometer entfernt von seinem heutigen Arbeitsplatz - kam. Der 23jährige Industriemechaniker aus dem Stahlwerk in Duisburg-Beeckerwerth hat nach zwei Nachtschichten „ganz passend freies Wochenende“ bis zum Finale am Sonntag. „Hier im Garten bereiten wir das Grillen vor“, erklärt er. Wohnung und Garten seines Elternhauses werden zum Finale ein kleines argentinisches Zentrum am Niederrhein sein. 25 Gäste, allesamt Argentinier, sind aus Orten bis hin nach Bocholt zu Gast. Alaniz, groß gewachsener früherer Schwimmsportler, stellt dann argentinische Steaks, würzigen Käse, Chips, Salami, Bier und Fernet Branca bereit.
„Wir feiern am Sonntag Revanche gegen Deutschland: 2:0“, tippt Alaniz. Schließlich gab es gegen Deutschland zuletzt jeweils Viertelfinal-Niederlagen bei den Fußball-Weltmeisterschaften 2006 und 2010. „Allerdings bin ich zu jung, um Ergebnisse aller sieben WM-Begegnungen dieser Nationen parat zu haben.“ Zwei Jahre nach Abschluss seiner Ausbildung hat der 23-Jährige seit Januar einen festen Vertrag im Stahlwerk in der Tasche. 1986 allerdings, als Argentinien in Mexiko Deutschland schlug sowie 1990 Deutschland im italienischen WM-Finale Argentinien, war er noch nicht einmal geboren.
Das aktuelle Finale der beiden großen Fußball-Nationen in Brasilien beschert auch anderen bei ThyssenKrupp Steel Europe einen besonderen Sonntagabend. „Bis zum Halbfinale habe ich mir Nächte um die Ohren gehauen, um jetzt dieses Finale zu sehen“, sagt Beatriz Meier (58), aus Argentinien stammendes Teammitglied der Technologischen Strategie im Forschungsbereich beim Stahlhersteller. Was die gelernte Biochemikerin dann erzählt, überrascht. „Nach über 30 Jahren abseits von Argentinien schwingt beim Finale nur ein kleines Teilchen Nationalstolz in mir.“ Sie fiebert für den Fußball, nicht für „ihr“ Land. Woran das liegt? „An einem langen Lebenslauf in Deutschland und anderswo. Weil ich seit zehn Jahren hier zu Hause bin, kommt mein Wohnzimmer jetzt in Schwarz-Rot-Gold daher.“
Beim Fußball-Finale hält Meier also den „Alemanes“ die Daumen. Wie das alles ausgeht? „Das kann ich wirklich noch nicht sagen. Schließlich haben wir vor dem 7:1 der Deutschen gegen Brasilien im Werk unseren Kollegen ausgelacht, der selbstbewusst einen deutschen 3:0-Sieg vorhersagte.“ Wichtig sei für Sonntag zunächst das Ergebnis. „Darüber hinaus lege ich großen Wert auf ein faires, sauberes Spiel. Unsere Jungs müssen einen coolen Kopf bewahren, ich erwarte, dass sie den vierten Stern für Deutschland holen.“ Feiern wird Beatriz Meier mit ihrem Sohn und den Nachbarn. Während des Spiels werden online Nachrichten mit Freunden in Argentinien ausgetauscht. Die Herzen schlagen allerdings in entgegengesetzte Richtungen. Und danach? „Wir starten zurück in den Alltag. Bei ThyssenKrupp Steel Europe natürlich auch mit viel, viel Gesprächsstoff über das Finale.“