Skip Navigation

Digitale Transformation bei thyssenkrupp Steel

Digitalisierung läuft auf Hochtouren

thyssenkrupp Steel stellt Stahl auf Basis digitalisierter und hochautomatisierter Hightechprozesse her. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) verspricht dabei eine verbesserte Qualität der Produkte und Zuverlässigkeit der Produktion.

Volker Lang hat in seiner Zeit bei thyssenkrupp Steel viel gesehen und viel erlebt. Bereits vor rund 20 Jahren begann der Wirtschaftsinformatiker seine Laufbahn beim Duisburger Stahlhersteller im damaligen Geschäftsbereich Grobblech. Heute führt er das Unternehmen als Chief Information Officer (CIO) in die digitale Zukunft. Keine leichte Aufgabe, denn die Agilität digitalbasierter Geschäftsmodelle und die Erfordernisse eines auf Stabilität ausgerichteten Produktionsnetzwerks lassen sich nicht ohne Weiteres zusammenbringen. „Die Herausforderung für uns als Industrieunternehmen ist es, eine hybride Kultur zu entwickeln und Wege zu finden, mit dem Ausmaß an Dynamik klarzukommen, das von Digitalisierung und KI entfesselt wird“, so Lang.

Trotz Digitalisieriung: Stahl bleibt Stahl

Die notwendigen Umstellungen gelingen in der Verwaltung wesentlich einfacher als in der Produktion, wo sich die Einführung von smarten IT-Lösungen oft an den Investitionszyklen der Anlagen orientiert. „Der Fokus in den Fach- und Verwaltungsabteilungen liegt auf der Steigerung der Effizienz von Geschäftsprozessen. Hier sind Apps, digitale Workflows und smarte Assistenten längst in die digitale Infrastruktur integriert“, so Lang. Ein Beispiel ist die Einführung von Low-Code-Plattformen und Citizen Development. Dieser Ansatz ermöglicht es allen Mitarbeitenden, einfache Anwendungen und Bots, die ihre täglichen Aufgaben erleichtern, selbständig zu entwickeln und so aktiv zur digitalen Transformation beizutragen. „In der Produktion hingegen stehen stabile Prozesse, Anlagenverfügbarkeit und Qualität im Vordergrund“, betont er. „Und auch hier ist in den letzten Jahren durch die konsequente Umsetzung zahlreicher Digitalisierungsprojekte bereits viel entstanden.“

Klar ist dennoch: Das Kernprodukt Stahl bleibt auch in Zukunft eine physische Größe. Und trotzdem spielen digitale Technologien bei seiner Herstellung und Vermarktung mehr denn je eine Schlüsselrolle. Lang: „Stahl ist ein ausgewiesener Hightechwerkstoff, der bei thyssenkrupp Steel seit Jahrzehnten in immer weiter optimierten, hochgradig automatisierten Produktionsschritten hergestellt wird.“ Dank der kontinuierlich vorangetriebenen Digitalisierung hat das Unternehmen heute die Möglichkeit, entlang der gesamten Wertschöpfungskette über Sensoren und Aktoren standort- und anlagenübergreifend Millionen von Daten in Echtzeit zu erheben und auszuwerten.

Digitalisierung verbessert Wettbewerbsfähigkeit

Der Big-Data-Ansatz ist dabei kein Selbstzweck, sondern trägt unmittelbar zu Transparenz bei. „Wir bieten unseren Kunden heute eine nie dagewesene Nachvollziehbarkeit ihrer Bestellungen. Die detaillierten Einblicke bieten ihnen einen klaren Wettbewerbsvorteil und ermöglichen es, Produktionsprozesse und Qualitäten zu optimieren. Denn mithilfe von Data Analytics lassen sich beispielsweise Materialeigenschaften präziser vorhersagen und Toleranzen genauer treffen“, sagt Lang. Die Datenschätze, die bei thyssenkrupp auf stellenweise 15 Jahren Datenhistorie beruhen, geben Ingenieuren und Data Scientists zudem die Möglichkeit, immer neue KI-Modelle zu entwickeln und zu trainieren, um weitere Potenziale in der Produktion zu heben. „Wir sprechen bei thyssenkrupp Steel aufgrund unseres Produktionsvorkommens über einen riesigen Maßstab. Hier helfen bereits kleine Verbesserungen im Detail, um am Ende eine enorme Wirkung zu erzielen.“

Gleiches gilt, wenn es für den Stahlproduzenten darum geht, regulatorische Vorgaben zu erfüllen. Etwa im Bereich Nachhaltigkeit, wo der Carbon Footprint von Produkten für Kunden und Endverbraucher immer wichtiger wird. Volker Lang weiß: „Wer keine Transparenz in Form digitaler Daten zu den CO2-Emissionen entlang der Wertschöpfungskette zur Verfügung stellen kann, hat langfristig einen klaren Wettbewerbsnachteil.“ So wirkt der Stahlproduzent auch an dem Aufbau sogenannter Dataspaces mit, in denen Daten über Unternehmensgrenzen hinweg souverän und sicher ausgetauscht werden können. Dies ist für viele Branchen mit voneinander unabhängigen und geographisch getrennten Produktionsprozessen von großer Bedeutung. Ein Beispiel ist das Catena-X Automotive Network, ein Projekt, an dem das Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik (ISST) maßgeblich beteiligt ist. Hier führt das gezielte Zusammentragen von Daten aller beteiligter Unternehmen dazu, dass Automobilhersteller beispielsweise die Dokumentationsanforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes erfüllen können.

Richtiger Ort und richtige Zeit für Digitalisierung:

Professor Boris Otto vom Fraunhofer ISST in Dortmund und thyssenkrupp Steel CIO Volker Lang
Professor Boris Otto vom Fraunhofer ISST in Dortmund (links) und thyssenkrupp Steel CIO Volker Lang sehen großes Potenzial für den Einsatz von KI und digitalen Technologien in der Industrieregion Rhein-Ruhr.

thyssenkrupp Steel trägt entscheidend dazu bei, solche Verbesserungen zu erreichen. So sieht es Professor Boris Otto vom Fraunhofer ISST in Dortmund: „Der Standort mitten im Ruhrgebiet bietet die Möglichkeit, weiterhin physische Produkte zu entwickeln und zu verkaufen. Diese gilt es nun sukzessive mit digitalen Diensten zu ergänzen, die den Kundenmehrwert erhöhen.“ Otto weiter: „Das Ruhrgebiet war immer das industrielle Herz von Deutschland. Hier ist aber auch ein digitales Powerhouse: Wir haben in einem Umkreis von 50 Kilometern unterschiedliche Universitäten, wo sich tausende Studenten mit Themen wie Informatik und Logistik auseinandersetzen. Hier entstehen genau die digitalen Dienste und Dienstleistungen, die von der Industrie benötigt werden.“ Volker Lang sieht das ähnlich: „Wir müssen nicht ins Silicon Valley oder nach Tel Aviv reisen, um uns anzuschauen, wie Digitalisierung funktioniert. Das geht auch hier. Wir haben hier eine starke Hochschulszene und auch die richtigen Anwendungsfälle.“ Im nächsten Schritt bedeute dies für den CIO, dass die Technologien, die in der Welt zur Verfügung stehen, bei thyssenkrupp Steel ankommen und in der Fläche ihren Nutzen entfalten müssen. „Im Kern steht immer die Idee, uns zu optimieren und zu verbessern – das macht die Stahlproduktion aus.“

Digitalisierung führt Energiedaten zusammen

Am Beispiel von Energieverbräuchen wird deutlich, welche Rolle der Digitalisierung bei der grünen Transformation von Europas größtem integrierten Hüttenwerk zukommt: Werden Stoffströme mithilfe von Sensoren und Zählern nicht nur detailliert, sondern auch lückenlos erfasst, ist es zum Beispiel möglich, für eine spezifische Anlage die ressourcenschonendste Fahrweise zu berechnen. Oder die CO2-Bilanz des zuletzt produzierten Coils zu ermitteln. Mithilfe von Datenanalysen lässt sich außerdem überprüfen, ob eingeleitete Klimaschutzmaßnahmen in der Praxis tatsächlich die vermuteten CO2-Reduktionen erzielen. „Insbesondere aus der Nachhaltigkeitsperspektive gewinnt die detaillierte und transparente Auswertung von Energiedaten an Bedeutung“, sagt Mohamed El Haouati, der im Digitalteam von thyssenkrupp Steel das Stoffstrommanagement verantwortet. „Denn“, so Carsten Rokitt, Head of Sustainable Development & ESG: „Unternehmen müssen künftig unter anderem im Rahmen der europäischen Klimagesetzgebung detaillierter darüber berichten, wie sie den Weg zur Klimaneutralität in die unternehmerische Praxis integrieren.“

Vor diesem Hintergrund arbeiten Experten aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens daran, energiebezogene Kennzahlen künftig auf einer Plattform zu bündeln. Das Ziel: eine zentrale Anlaufstelle für klima- und energiebezogene Fragestellungen zu schaffen. Wer sich mit der Materie auskennt, ahnt, dass sich hinter der Vision ein Mammutprojekt verbirgt. Genauer gesagt, eine Big-Data-Anwendung. Mohamed El Haouati: „Energieverbräuche laufen an unzähligen Stellen im Betrieb auf. Allein, um die leitungsgebundenen Energieträger, also beispielsweise Wasser, Strom oder technische Gase zu erfassen, haben wir rund 10.000 Zähler installiert.“ Hinzu kommen beispielweise Kohle, Koks und Zuschlagstoffe, deren Mengenverbräuche nicht automatisiert erfasst werden. Der erste Meilenstein ist somit erreicht, wenn alle Daten lückenlos, fehlerfrei und in Echtzeit auf der gemeinsamen Plattform vorliegen. Erst dann beginnt die spannende Phase der Aufbereitung: Datenmodelle helfen auf Basis von Algorithmen zum Beispiel dabei, Energiedaten mit finanziellen Kennzahlen zu verknüpfen und auszuwerten. Und sie schaffen Transparenz, indem sie beispielsweise die Rückverfolgbarkeit von CO2-reduzierten Produkten ermöglichen. „Mittelfristig wird aus der Energiedatenplattform eine Kontrollstation für die grüne Transformation“, erklärt Carsten Rokitt. Perspektivisch ließe sich die Plattform zudem zu einer zentralen Anlaufstelle für nachhaltigkeitsbezogene Fragestellungen ausbauen. Auch Daten zur Arbeitssicherheit oder zur Einhaltung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette stünden dann auf Knopfdruck zur Verfügung.

Kontakt

thyssenkrupp Steel Europe AG

Kaiser-Wilhelm-Straße 100

47166 Duisburg

Telefon +49 (0)203 52-0

nach oben