Fachpresse, Tagespresse, 01.07.2015, 16:11
Ungewöhnliche Lebenswege bei den 92 Ausgelernten diesen Jahres: vom Blumenhändler zum Brammen-Disponenten, aus Ägypten zum Neustart bei ThyssenKrupp Steel Europe
Direkt nach der Schule eine qualifizierte Ausbildung zu beginnen und mit Anfang 20 einen festen Arbeitsplatz zu übernehmen – das ist für viele junge Menschen der übliche Berufseinstieg. Diesen Weg sind auch die meisten der 92 Auszubildenden gegangen, die ihre Lehrzeit bei ThyssenKrupp Steel Europe erfolgreich abgeschlossen haben und jetzt die sogenannte Lossprechung feiern konnten. Unter den 38 Absolventen im kaufmännischen und 58 im technischen Bereich finden sich diesmal aber auch Kandidaten, die die Ausnahme von der Regel bilden: Jens Brand und Serap El Dakroury sind beide schon in den 40ern, haben eine außergewöhnliche Vorgeschichte und freuen sich über ihrem Neustart mit glücklichem Ende. Auch für ThyssenKrupp Steel Europe ist das ein Glücksfall, denn mit ihren Fähigkeiten und sozialen Kompetenzen sorgen solche Mitarbeiter für kulturelle Vielfalt in der Belegschaft und bereichern jedes Team.
„Der Großteil unserer Auszubildenden hat einen klassischen Lebenslauf“, so Sascha Liebert, Leiter des Commercial Trainings bei ThyssenKrupp Steel Europe in Duisburg. „Es gibt aber auch Einzelfälle, die beweisen, dass Umwege erfolgreich sind, wenn Chancen genutzt werden.“ Jens Brand und Serap El Dakroury haben trotz - oder vielleicht wegen - prägender Lebensherausforderungen gezeigt, was mit Motivation und Zielstrebigkeit möglich sein kann. Beide standen bereits mit beiden Beinen erfolgreich im Berufsleben, als sie plötzlich einen Neustart wagen mussten.
Jens Brand führte fast 20 Jahre einen Blumenladen in Mülheim, hatte Angestellte und eine feste Stammkundschaft, bevor er aufgrund einer Allergie gegen Pollen und Pflanzenmittel als Florist seinen Beruf nicht mehr ausüben konnte. Die Deutsche Rentenversicherung genehmigte eine Umschulung; er wollte Industriekaufmann werden. Während eines Praktikums bei ThyssenKrupp Steel Europe überzeugte der heute 46-Jährige mit so guter Leistung, dass er als Auszubildender beim Stahl-hersteller übernommen wurde. Auf den ersten Blick erschien der Wechsel vom Umgang mit zarten Zierpflanzen zur Arbeit mit dem Werkstoff Stahl ungewöhnlich. „Auf den zweiten Blick weist meine Tätigkeit allerdings große Ähnlichkeiten auf“, sagt der ehemals selbstständige Unternehmer: „Blumen wollen frisch verkauft werden, es gibt unzählige Sorten, aber alle müssen eine gute Qualität haben und dem Käufer gefallen. Was zählt, ist die Kundenzufriedenheit.“ Und das ist bei ThyssenKrupp Steel Europe nicht anders. In die unterschiedlichen Stahlmarken von ThyssenKrupp Steel Europe konnte er sich schnell einarbeiten. Zu seinen täglichen Aufgaben in der Abteilung „Terminverfolgung Bramme“ gehört es nun, eilige Bestellungen zu bearbeiten und eigenver-antwortlich auf Effizienz zu achten. „Wie damals als selbstständiger Florist arbeite ich hier praxisorientiert und konkret für den Kunden.“
Auch der Lebensweg von Serap El Dakroury zeigt, wie gewinnbringend Vielfalt für den Unternehmensalltag sein kann. Weltoffenheit und Reiselust bewegten die heute 41-Jährige aus dem bayerischen Deggendorf zu einer Ausbildung zur Reiseverkehrskauffrau und Tourismusfachwirtin, die sie teils in Deutschland, teils in Ägypten absolvierte. Im Januar 2009 musste sie ihr zweites Heimatland aufgrund der Unruhen im Gaza-Streifen fluchtartig verlassen und gelangte über die Deutsche Botschaft nach Düsseldorf – unversehrt, aber ohne Papiere. Um ihren Lebensunterhalt zu sichern, jobbte sie für eine Sicherheitsfirma in der Essener ThyssenKrupp Zentrale, pflegte ihre Sprachkenntnisse und suchte nach einer neuen beruflichen Perspektive. Bei ThyssenKrupp Steel Europe überzeugte sie im Bewerbungsgespräch mit sehr gutem Organisationstalent, Fremdsprachen-Kenntnissen und analytischen Fähigkeiten. El Dakroury ergriff das Angebot, eine beruflich hochqualifizierende Ausbildung zur Bürokauffrau zu absolvieren und damit die Chance, für sich und ihren Sohn in Deutschland wieder eine sichere Zukunft zu gestalten. In ihrem zweiten Lehrjahr erkrankte der damals 17-jährige Sohn an Leukämie. Die Mutter pendelte zwischen dem Wohnort Castrop-Rauxel, dem Krankenhaus in Essen und ihrer Ausbildungsstelle in Duisburg. Trotz dieser Herausforderungen beendete sie ihre Ausbildung mit sehr gutem Ergebnis. „Ohne das Gefühl, nicht nur fachlich ausgebildet, sondern auch menschlich von meinen Kollegen und Vorgesetzten unterstützt zu werden, hätte ich es nicht geschafft. Für diese echte Teamarbeit und die Möglichkeit des Neustarts bin ich wirklich dankbar“. Ihr Sohn ist wieder genesen und machte gerade das Abitur.
Den Altersunterschied zu ihren jüngeren Kollegen haben Jens Brand und Serap El Dakroury in ihrer Ausbildung nicht als ungewöhnlich, sondern als bereichernd empfunden. Gemeinsam mit ihren 90 ehemaligen Auszubildenden geht ihr beruflicher Weg bei ThyssenKrupp Steel Europe jetzt weiter.