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Interview mit Dr. Harald Espenhahn zur Großbaustelle Bruckhausen

„Wir haben hier bald das modernste Warm-Walzwerk in Europa“

Dr. Espenhahn

Interview mit Dr. Harald Espenhahn, Leiter Technology und Environment Management bei thyssenkrupp Steel, über die Fortschritte auf der Großbaustelle in Bruckhausen und die Vorteile, die mit den umgebauten und modernisierten Anlagen einhergehen.

Herr Dr. Espenhahn, wie ist es eigentlich zu der Entscheidung gekommen, die Gießwalzanlage in Bruckhausen zu einem grundlegend modernisierten Warmbandwerk 4 umzubauen?

Schon vor der Corona-Krise haben wir uns intern intensiv darüber Gedanken gemacht, wie wir thyssenkrupp Steel weiter nach vorne bringen können. Aus diesen Überlegungen ist die Strategie 20-30 hervorgegangen, zu der unter anderem auch gehört, dass wir die Kernaggregate in Duisburg modernisieren müssen, um langfristig wettbewerbsfähig zu sein. Dazu gehört neben dem Umbau der Gießwalzanlange in die Warmbandstraße 4 und die Stranggießanlage 4 auch die Modernisierung der bestehenden Stranggießanlage 3.

Warum genau waren die Maßnahmen notwendig?

Die vorhandene Infrastruktur basiert auf Anlagen, die bereits in den 1950er, 60er und 70er Jahren errichtet wurden. Diese hätten uns mit Blick nach vorne keine gute Ausgangsposition für notwendige Prozessinnovationen und Produktverbesserungen geboten. Die neuen Aggregate geben uns jetzt die Perspektive, den Standort Duisburg qualitativ und produktiv in allen relevanten Aspekten weiterzuentwickeln. Darüber hinaus schaffen wir mit den Investitionen sinnvolle Synergieeffekte, beispielsweise beim Thema Energie und Logistik. Zudem werden wir mit der Konzentration unserer Warmwalz-Kompetenzen am Standort Duisburg unsere Perfomance deutlich erhöhen und können wesentlich besser und schneller auf Kundenanforderungen reagieren.

Weil Sie die Kundenanforderungen erwähnen: Was genau haben die Kunden eigentlich von den Großinvestitionen in die neuen Anlagen?

Die Anlagen sind technologisch ein Quantensprung. Wir haben hier in Duisburg bald die modernste Warmbandstraße und damit den modernsten Hüttenverbund in ganz Europa. Damit schaffen wir für unseren Stahl-Werkstoff ideale Voraussetzungen zum Beispiel für noch bessere Oberflächen und dünnere Abmessungen. Die Durchlauf- und Buchungszeiten werden kürzer und Kunden erhalten so ihr Material wesentlich schneller als zuvor.

Für all diese Vorteile legt sich thyssenkrupp Steel mächtig ins Zeug: Die Großbaustelle in Bruckhausen ist mit Abstand das größte Einzelprojekt aus dem aktuellen Investitionspaket des Unternehmens. Was macht das Vorhaben so komplex?

Da spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle. Das fängt schon mit der Größe und Beschaffenheit der Baustelle an. Das Baufeld ist ein über 120 Jahre altes Industriegelände und entspricht von den Abmessungen ungefähr elf Fußballfeldern. Weiter geht es mit einem gewaltigen Materialeinsatz bis hin zu externen Faktoren, die wir bei der Planung des Projekts gar nicht auf dem Schirm haben konnten. Zum Beispiel die Corona-Pandemie: Da hatten wir über zwei Jahre lang große Probleme, die benötigten Fachkräfte für unsere Baustelle zu bekommen. Dann hatten wir durch die Chip-Krise und die Situation rund um den Suezkanal Schwierigkeiten bei der Beschaffung von elektrischen Bauteilen. Und dann kam noch der Krieg in der Ukraine dazu. Auch hier fallen bis heute beispielsweise im Bereich Trägermaterialien und Montage viele Ressourcen aus, auf die wir vor ein paar Jahren noch problemlos zugreifen konnten. All diese Dinge haben das Projekt zu einem riesigen Kraftakt für alle Beteiligten gemacht.

Stand jetzt hat sich der Aufwand gelohnt: Der Umbau ist fast fertig – bereits im Sommer sollen die Anlagen in Betrieb gehen. Was war der Schlüssel dafür, das Projekt trotz aller Widerstände im Zeit- und Budgetrahmen fertigstellen zu können?

In der Tat gehen wir davon aus, die nächsten Meilensteine in den kommenden Wochen zu erreichen, die Anlagen im Sommer fertigzustellen und dann in den Hochlauf zu überführen. Dass wir seit Ende Oktober 2024 ohne Verzögerungen so weit gekommen sind, hängt meiner Meinung auch mit der großen Signalwirkung zusammen, die von dem Projekt ausgeht: Die Mitarbeitenden haben hier unmittelbar gesehen und gespürt, wofür sie sich engagieren und wofür sie arbeiten. Dass hier eine Perspektive für die Zukunft entsteht und dass thyssenkrupp Steel auch unter schwersten Bedingungen in der Lage ist, notwendige Veränderungen zu vollziehen und sich weiterzuentwickeln.

Bruckhausen ist nicht das erste Großprojekt, das Sie federführend für thyssenkrupp Steel leiten. Was empfinden Sie persönlich, wenn ein so ambitioniertes Bauvorhaben abgeschlossen werden kann?

Ehrlich gesagt habe ich mich mit dem Gedanken noch gar nicht auseinandergesetzt, weil im Anschluss an dieses Projekt bereits die nächsten wichtigen Aufgaben warten. Unsere Transformation ist ja noch lange nicht abgeschlossen. Aber natürlich werde ich schon froh und erleichtert sein, wenn wir in Bruckhausen zu einem Ende kommen. Das ist schließlich ein ganz wichtiger Meilenstein, den wir hier für den Stahl setzen.

Vielen Dank für das Gespräch Herr Dr. Espenhahn.

Kontakt

thyssenkrupp Steel Europe AG

Kaiser-Wilhelm-Straße 100

47166 Duisburg

Telefon +49 (0)203 52-0

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