Als im Sommer 1951 die erste Waschmaschine der Marke Constructa der Öffentlichkeit vorgestellt wird, ist Konrad Adenauer Bundeskanzler und in der Villa Hammerschmidt residiert Theodor Heuss. In der DDR haben zu dieser Zeit Wilhelm Pieck, Otto Grotewohl und Walter Ulbricht das Sagen. 1951 beginnt das Wirtschaftswunder, das sich vor allem im Kauf von Haushaltsgeräten bemerkbar macht.
Mit der Constructa kommt der erste Waschvollautomat mit einem Bullauge, ein sogenannter Frontlader, auf den Markt. In den Reklamespots von damals heißt es stolz, dass alle 50 Sekunden eine Constructa vom Band läuft und im selben Sekundentakt verkauft wird. Im sonoren Singsang der damaligen Zeit tönt es außerdem: „Millionen andere werden nicht ruhen, bis auch sie diese vollautomatische Waschmaschine besitzen.“
Heute, 65 Jahre später, gehört die Marke Constructa zur BSH Hausgeräte GmbH, einem der größten Hersteller der Branche. Bei allen Entwicklungen wird auf die individuellen Bedürfnisse der Konsumenten geachtet, die vom sparsamen Verbrauch über die praktisch-bequeme Handhabung bis zum intelligenten Design reichen. Sich den Kundenwünschen immer wieder neu anzupassen, bedarf kontinuierlicher Forschung und Entwicklung.
Entwicklungsstandort – aus Berlin für die Welt
Für den Bereich Wäschepflege unterhält die BSH seit 2011 in Berlin ein eigenes Technologiezentrum für alle Marken des Unternehmens. Neben dem Qualitätsmanagement und der globalen IT werden dort zukunftsfähige, effiziente und unsere Ressourcen schonende Wäschepflegegeräte mit länderspezifischen Besonderheiten konzipiert. „In Asien und den USA wäscht man lieber mit kalten Temperaturen. In Indien verkaufen wir Geräte mit einem speziellen Waschprogramm für Saris“, erklärt Martina Wöbkemeier, Leiterin der Werkstofftechnik in Berlin. Der asiatische Markt verlange zudem nach extrem leisen Geräten. „Aufgrund der beengten Räumlichkeiten stehen die Maschinen im Wohnbereich. Da dürfen Schwingungen nicht nach außen getragen werden.“ Der Profi nennt das ein gutes Geräuschdesign.
Inneneinrichtung – Individulität auch beim Waschen
Was das optische Design betrifft, so spricht man bei großen Haushaltsgeräten seit jeher von weißer Ware, da der Farbton Weiß bei Kühl- und Gefrierschränken, Waschmaschinen und Trocknern überwiegt. „Es gibt natürlich auch hochwertige Haushaltsgeräte aus Edelstahl, folierten Produkten mit Edelstahloptik und speziellen Metallic-Anmutungen“, sagt Robert Winter. Er ist bei BSH für den weltweiten Stahleinkauf zuständig und verantwortlich dafür, dass an allen Standorten der gewünschte Werkstoff zur Verfügung steht.
Axel Pohl, der im Stahlbereich von thyssenkrupp für alle organisch bandbeschichteten Produkte pladur® und die Hausgeräteindustrie vertriebsverantwortlich ist, stimmt zu: „Zwischen unseren Häusern gibt es bereits seit Jahren eine intensive Entwicklungspartnerschaft, sodass wir nicht nur ein bedeutender Partner bei den weiß lackierten Produkten sind, sondern auch erster Ansprechpartner, wenn es um hoch- und höchstwertige Nischenprodukte geht.“
Mit den neuen Sondermodellen der Constructa hat BSH Hausgeräte sein Spektrum noch erweitert. Nach der ersten exklusiven Ausführung „Classic 65“ im letzten Jahr sind ab sofort vier limitierte „Deluxe 100“-Varianten erhältlich, die Farbe ins Spiel bringen. Die Waschmaschinen im Retrodesign kommen mit einer Frontfläche in Sonnenorange, Türkis und Graubraun in den Handel. Zusätzlich gibt es eine Version mit schwarz-weißem Blumenmuster. Der Clou hierbei: Die Blüten lassen sich mit Permanentmarkern nach eigenen Vorstellungen ausmalen.
Langzeitprojekt – von der Idee zur Serienreife
Bis am BSH-Standort in Nauen die ersten Waschautomaten mit dieser Beschichtung vom Band laufen konnten, dauerte es einige Jahre. Aus einer Idee ein Serienprodukt zu machen, verlangt Wissen, Leidenschaft und engagierte Mitarbeiter. Und natürlich das passende Material, das von thyssenkrupp kommt und pladur® Aesthetic Print heißt. Denn das wichtigste Merkmal bei einem Hausgerät: „Es muss eine absolut perfekte Oberfläche haben“, so Robert Winter.
Die Geschäftsbeziehung zum Duisburger Stahlkonzern besteht schon seit den frühen Neunzigerjahren. Insbesondere die Einführung von bandbeschichtetem Material im Coil-Coating-Verfahren geht auf die gute Zusammenarbeit der beiden Unternehmen zurück.
Anforderungsprofil – makellose Optik und perfekte Verarbeitung
Die Ansprüche an das Material sind hoch. Es muss korrosionsbeständig und verformbar sein. Der Lack darf bei der Umformung nicht reißen, weder an Leuchtkraft noch an Haptik einbüßen. „Er muss auch nach zehn Jahren perfekt aussehen“, sagt Harald Pietsch, der als Werkstofftechniker im Berliner Technologiezentrum ein besonderes Auge für die Oberflächen hat. „Bei der Umformung wirken enorme Kräfte auf das Material“, so Michael Schulte-Zweckel, Leiter des Vertriebsteams Hausgeräteindustrie bei Steel. „Sei es bei der Kühlschranktür oder wie hier an der Frontseite der Waschmaschine mit dem Bullauge.“
Außerdem muss das Blech leicht zu verarbeiten sein. „Wenig Stillstandszeiten in den Anlagen und ein geringer Ausschuss sind ein wichtiger Aspekt“, sagt Sascha Haas. Als Leiter der Entwicklungsabteilung in der Wäschepflegefabrik Nauen hat er sich maßgeblich für die Umsetzung und den Einsatz des Produkts pladur® Aesthetic Print eingesetzt. „Dass wir die optisch außergewöhnliche Maschine nun hier produzieren können, freut uns besonders“, so Haas. „Diese Innovation ist nicht zuletzt dank des Engagements der Mitarbeiter entwickelt worden.“
Auf BSH-Seite gehört neben der Produkt- und Designabteilung sowie der Werkstofftechnik auch das Nauener Team um Fertigungsplaner Christian Grebe dazu. „Es war anfangs durchaus eine Herausforderung, diesen Colaminat-Werkstoff auf die Maschine zu bringen“, sagt er. „Jetzt sind wir höchst zufrieden mit dem Produkt und haben keinerlei Beanstandungen.“
Teamarbeit – Verständnis ist gut, Vertrauen ist besser
Beim Stahlhersteller von thyssenkrupp hat Alfred Bierhoff die Produkteinführung über viele Jahre intensiv begleitet. „Bereits 2010 gab es erste Musterversuche“, so der technische Kundenberater aus Siegen-Kreuztal. „Man darf nicht aufgeben und muss dem Kunden stets neue Möglichkeiten aufzeigen. Meine Aufgabe ist es, Schwierigkeiten zu erkennen und Lösungen zu finden.“ Gute Teamarbeit ist hier entscheidend, beim Kunden, beim Lieferanten, aber auch untereinander. „Das gegenseitige Vertrauen, das durch die langjährige Partnerschaft besteht, hat hier sehr geholfen“, so Bierhoff. „Natürlich gab es knifflige Situationen. Umso wichtiger ist der permanente persönliche Austausch.“
Die heiße Phase begann vor etwa zwei Jahren und damit die Kooperation mit einem weiteren Partner: dem Thermosublimierer. Um Farbe und Dekor in den Werkstoff zu bringen, nutzt man die Technik der thermischen Sublimation. Sie besticht durch hohe Farbsättigung und Tiefenschärfe und ist ein entscheidendes Merkmal von pladur® Aesthetic Print. Für das Gelingen dieses Projektes war ein gewaltiger Know-how-Transfer auf allen Seiten erforderlich. Gemeinsam wurde ein Premium-Produkt geschaffen, das sich für Waschmaschinen und viele weitere Geräte eignet. Das erste limitierte Modell „Classic 65“ wurde übrigens mit dem Red Dot Award 2016 für Product Design ausgezeichnet – und ist bereits ausverkauft.