Warmumformung als Schlüssel zum Erfolg
Nachdem beide Projektpartner das Konzept gemeinsam entwickelt und KIRCHHOFF Automotive die Konstruktion umgesetzt hatte, unterstützte thyssenkrupp Steel KIRCHHOFF Automotive bei der Prozessauslegung und begann mit ersten umformtechnischen Untersuchungen. „Wir haben beim Biegequerträger auf Warmumformung gesetzt“, erklärt Rolf Röttger, Senior Engineer Crash bei thyssenkrupp Steel, den Entwicklungsansatz. „Für den Prozess haben wir die Geometrie des Crash Management Systems optimiert.“
Hohe Festigkeit nach dem Presshärten
Beim Werkstoff fiel die Entscheidung auf den höchstfesten, unbeschichteten Warmumformstahl MBW-K® 1900 – ein Leichtbauwerkstoff, den KIRCHHOFF Automotive in anderen Projekten bereits in der Serienfertigung einsetzt. „Der Warmumformstahl MBW-K® 1900 ist dafür prädestiniert“, sagt Melanie Dinter aus dem Customer Service von thyssenkrupp Steel. „Neben den Vorteilen bezogen auf das Crash-Konzept können wir mit diesen Warmumformstählen sehr komplexe Geometrien realisieren.“ Dr. Stephane Graff, Senior Engineer Warmumformung beim Stahlhersteller, erklärt, warum: „Bei den hohen Umformtemperaturen im Presswerkzeug von etwa 800°C weist der MBW-K® 1900 wie alle Warmumformgüten hohe Bruchdehnungswerte auf und ist durch die niedrigen Fließeigenschaften mit deutlich reduzierten Pressenkräften umformbar. Dank einer Festigkeit von bis zu 2.000 Megapascal nach dem Presshärten bietet der MBW-K® 1900 ein zusätzliches, noch höheres Leichtbaupotential durch Reduzierung der Blechdicke als unsere klassische Warmumformgüte MBW® 1500.“
Warmumformen macht besondere Geometrien möglich
Der Bau des Prototypenwerkzeugs und die Abpressversuche fanden beim Automobilzulieferer KIRCHHOFF Automotive in Attendorn statt. „Bei dem Biegequerträger lag die umformtechnische Herausforderung in der besonderen Geometrie, die gekennzeichnet ist durch mehrere Wellen über die Bauteilhöhe sowie ineinander übergehende Wellen entlang der Bauteillängsachse", so Lena Kremer, Advanced Product Development Specialist bei KIRCHHOFF Automotive. „Das Besondere an unserem Biegequerträgerkonzept ist, dass sich die Öffnungsrichtung des Profils über die Länge ändert. Das Profil ist in der Mitte nach innen geöffnet, was sich positiv auf die Durchbiegung des Querträgers auswirkt. In den Randbereichen ist das Profil nach außen geöffnet, wodurch wiederum die Länge der hier angebundenen Crashboxen vergrößert und damit mehr Energie aufgenommen werden kann. Gleichzeitig ist das offene wellenförmige Profil robust gegenüber Torsion.“
Weniger Gewicht und geringere Kosten dank Warmumformung
Die Fakten sprechen für den Warmumformstahl MBW®-K 1900: Bei gleicher Crash-Performance des Gesamtsystems erzielen die höchstfesten Stahlgüten von thyssenkrupp Steel eine Gewichtsreduktion gegenüber dem Referenzdesign von fast 20 Prozent und senken zugleich die Kosten um ca. 8 Prozent. „Hinzu kommt“, so Kremer, „dass durch lokale Längenanpassung und direkte Anbindung der Crashbox an den Biegequerträger der Anfangskraftpeak eingestellt werden kann.“
Versuchsprogramm fürs Crash Management System läuft
Das innovative Crash Management System von KIRCHHOFF Automotive erfüllt alle vorab definierten Referenzanforderungen. Melanie Dinter: „Gemeinsam haben wir ein innovatives Biegequerträger-Design entwickelt, dass in Kombination mit der enorm hohen Festigkeit unserer Stähle zum Warmumformen viele Vorteile aufweist. Solch ein Erfolg ist nur möglich, wenn die Rollen und Schnittstellen klar definiert sind. Zu jeder Zeit des Projektes haben wir uns eng ausgetauscht und uns in Workshops und über digitale Plattformen informiert gehalten.“ In Kürze wird ein realer Crashtest auf Basis der Komponente durchgeführt, Abschleppversuche und ein quasi-statischer Dreipunktbiegeversuch runden das Versuchsprogramm ab.