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Hightech-Stahl für den Automobilbau

Der schwedische Autobauer Volvo schickt seinen neuen SUV XC40 auf eine Fahrt zu seinen Anfängen ins Stahlwerk von thyssenkrupp. Das Magazin „Die Autozeitung“ hat ihn begleitet.

Es kommt nicht oft vor, dass ein fabrikneues Auto direkt vor dem Hochofen parkt. Und ehrlich gesagt, hat es dort auch nichts zu suchen. Aber was tut man nicht alles für ein gutes Motiv. Im Inneren des Hochofens schmelzen gerade Koks und Eisenerz bei bis zu 2.000° Celsius zum flüssigen Gold des Ruhrgebiets: Roheisen. Mehr als 30.000 Tonnen täglich allein in Duisburg bei thyssenkrupp Steel.

Bis der Schmelzprozess abgeschlossen ist, navigiert die Fotografin das Fahrzeug im Stahlwerk schon mal in die richtige Position. Das Bild ist erst perfekt, wenn nachher im Hintergrund der Abstich zu sehen ist und wie dabei das rot glühende Roheisen aus dem Ofen fließt. Hieraus wird im Oxygenstahlwerk Stahl hergestellt, der wiederum der Grundwerkstoff ist, aus dem der hier zu sehende SUV von Volvo in großen Teilen besteht. Und nicht nur er: Stahl, in seinen vielen Sorten und Formen, ist das materielle Rückgrat der gesamten Automobilbranche. Die Frage, ob und warum das in Zukunft so bleibt, hat sich auch das Magazin „Die Autozeitung“ gestellt und produziert mit dem neuen Volvo XC40 an diesem Tag eine Reportage auf dem Gelände von thyssenkrupp Steel in Duisburg. Ein idealer Aufhänger, verbindet den Stahlhersteller aus Duisburg doch eine mittlerweile jahrzehntelange Geschäftsbeziehung mit der schwedischen Automarke.

Nur deshalb darf das Fahrzeug an Orten stehen, an denen sich sonst nur ausgewählte Mitarbeiter aufhalten dürfen. „Wir liefern an Volvo im Prinzip alles, was wir im Portfolio haben“, sagt Sebastian Deumlich aus dem Key Account Volvo bei thyssenkrupp Steel. „Von verzinkten Tiefziehstählen über Bake-Hardening-Stahl bis zu mikrolegierten und Mehrphasenstählen. Aber auch unbeschichtete oder mit Zink-Magnesium beschichtete Werkstoffe.“

Recyclingwunder Stahl

Am Hochofen herrscht plötzlich rege Betriebsamkeit. Tausende Tonnen rot glühendes, flüssiges Eisen sind fertig. Alle vier bis sechs Stunden erfolgt so ein Abstich, bei dem es für die Schmelzer an der Ofentür extrem heiß hergeht. Direkt am Auslauf können es bis zu 800 Grad werden. Wer nicht zwingend gebraucht wird, bleibt auf Abstand.

Frontansicht des XC40 von Volvo - er ist der kleinste und kompakteste SUV des schwedischen Autobauers.
Neuer Schwede: Der XC40 ist der kleinste und kompakteste SUV von Volvo.

Dem XC40 scheint die Temperatur nichts auszumachen. Ob er weiß, dass er hier seine Wurzeln hat? Wohl kaum. Genauso wenig ahnt er, dass er zu Teilen hier im Werk auch wieder enden wird. Denn neben Eisenerz und Koks steckt im Roheisen nämlich eine gehörige Portion „altes Eisen“ oder anders gesagt: Stahlschrott. Bis zu 30 Prozent davon werden bei der Herstellung allein im Oxygenstahlwerk zugeführt, zur Kühlung während des Blasprozesses.

Denn bevor aus Roheisen Stahl wird, muss es von störenden Begleitelementen wie Kohlenstoff, Phosphor, Silizium und Schwefel befreit werden. Das geschieht im Konverter durch das Einblasen von Sauerstoff. Es lässt die Stoffe oxidieren und sie schwimmen anschließend als sogenannte Schlacke auf dem flüssigen Metall und können von ihm getrennt werden. Bei diesem Prozess entsteht enorm viel Hitze, die sich durch den zugefügten Stahlschrott verringern lässt.

Von allen Störfaktoren befreit, wird der flüssige Stahl in den Gießwalz- und Stranggießanlagen zu massiven Stahlblöcken, den sogenannten Brammen geformt und geschnitten. So beeindruckend und spektakulär die Stahlherstellung ist, die wahre Magie vieler Sorten und Güten passiert erst später im Produktionsprozess – wenn auf den Weiterverarbeitungslinien aus den Brammen Qualitätsflachstahl warm- und kaltgewalzt wird.

Vielfalt für den Automobilbau

Die mehr als 1.800 Stahlsorten im Sortiment von thyssenkrupp unterscheiden sich in ihrer Festigkeit, der Elastizität und der Korrosionsbeständigkeit, in der Art, wie sie sich verformen lassen, welche Beschichtung sie erhalten und in vielem mehr. Erst wenn das Wissen um die Werkstoffeigenschaften mit dem Know-how der Verarbeitungsprozesse verschmilzt, sind die Potenziale des Stahls voll ausgeschöpft. Herzstück dieser kontinuierlichen Weiterentwicklung des eigenen Produkts ist die Anwendungstechnik des Stahlkonzerns. Dort lassen sich die unterschiedlichsten Fertigungstechniken nachstellen und vergleichen, Stahlgüten überprüfen sowie in enger Zusammenarbeit mit den Kunden und nach ihren Wünschen optimieren.

Ein Kran hebt den etwa 1,8 Tonnen schweren Volvo SC40 hoch. Ansonsten hat der Kran Coils von durchschnittlich 25 Tonnen am Haken.
Am Haken: Wo sonst Coils von durchschnittlich 25 Tonnen verschoben werden, fällt ein Automobil mit etwa 1,8 Tonnen nicht ins Gewicht.

Die Duisburger Hightech-Werkstoffe finden sich im Volvo XC40 sowohl im Innen- als auch im Außenbereich: Hierzu gehören Seitenwand, Tür und Armaturenbrett, Heckklappe, Abdeckungen, Windlauf, Quer- und Längsträger. „Ein bunter Mix, wobei wir zugegebenermaßen besonders stolz auf die Teile der Außenhaut sind“, so Deumlich. „Das sind bei jedem Auto die Premiumbauteile.“

Höchste Qualität für mehr Sicherheit

Einen sehr großen Stellenwert haben zudem die crashrelevanten Teile. „Volvo ist weltweit bekannt für seinen Sicherheitsstandard. Da ist es für uns natürlich eine Auszeichnung, wenn entweder von uns direkt oder über Zulieferer unser Material den Weg in ihre Modelle findet.“ In erster Linie handelt es sich beim XC40 um höchstfeste, feuerverzinkte Dualphasen (DP)-Stähle und um warmumgeformten, feueraluminierten Stahl. Dabei gehen die DP-Stähle z. B. in die Quer- und Längsträger, die warmumgeformten Güten in die B-Säule.

Der neue Volvo XC40 wird auf der „Compact Modular Architecture“, kurz CMA-Plattform, gebaut und ist nicht nur der kleinste SUV der schwedischen Fahrzeugflotte. Zudem ist er die jüngste Generation der Volvo-Familie und wurde, nicht mal ein Jahr auf dem Markt, direkt zum Auto des Jahres 2018 gekürt. Der Neue ist so erfolgreich, dass die ursprüngliche Produktionszahl bereits erhöht wurde. „Gut für uns“, freut sich Deumlich. „Damit können wir unsere Liefermenge ebenfalls steigern.“

Angesichts der hohen Sicherheitsstandards bei Volvo ist es für uns eine Auszeichung, dass unser Material in ihren Modellen verbaut ist.

Sebastian Deumlich, Key Account Volvo bei thyssenkrupp Steel

Zu Coils gewickelt geht das Material aus dem Duisburger Stahlwerk in die Welt, so auch nach Schweden an die Produktionsstandorte Göteborg und Olofström. Einige Fertigungsschritte später werden die einzelnen Komponenten im belgischen Gent zusammengebaut und rollen dort als Volvo XC40 vom Band. Es ist ein weiter Weg, bis aus Eisenerz hochwertige Stahlgüten entstehen, wie thyssenkrupp Steel sie herstellt. Das erfahren an diesem Tag auch die Kollegen der Autozeitung, die für ihre Reportage kreuz und quer auf den rund 50 Straßenkilometern über das etwa 9,8 Quadratkilometer große Werksgelände in Duisburg fahren. Viele Produktionsschritte sind nötig, ein hohes Maß an Expertenwissen ist gefragt.

Und noch etwas wird an diesem Tag deutlich: Stahl, obwohl jahrtausendealt, ist und bleibt einer der vielseitigsten und zukunftsweisenden Werkstoffe unserer Zeit: günstig in den Kosten, einfach in der Verarbeitung, leicht und crashsicher zugleich und fast zu 100 Prozent recyclingfähig.

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