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Ziel unserer Initiative Carbon2Chem® ist es, Hüttengase aus der Stahlproduktion als Ausgangsstoff für chemische Produkte zu nutzen – einschließlich des darin enthaltenen CO2. Dabei soll Überschussstrom aus Erneuerbaren Energien als Energiequelle genutzt werden. So wollen wir einen essentiellen Beitrag zum Klimaschutz leisten und zum Gelingen der Energiewende beitragen.
Bis die Technologie industriell anwendbar ist, wird es etwa 15 Jahre dauern.
Kreislaufwirtschaft wird in der Stahlindustrie groß geschrieben, und zwar schon seit langem: Ende des 19 Jahrhunderts wurde Gas aus dem Hochofen zum ersten Mal für die Erzeugung von Energie eingesetzt, die man im Hüttenwerk braucht. Carbon2Chem® nutzt nun die Gase aus der Stahlerzeugung erstmals als Rohstoff für die Chemieproduktion. Das verringert unter anderem den CO2-Ausstoß.
Europas integrierte Hüttenwerke wandeln heute sämtliche Prozessgase um. Der größte Teil wird in Kraftwerken genutzt um elektrische Energie zu erzeugen. Viele Werke sind inzwischen autark und müssen kaum noch Strom zukaufen.
Ein integriertes Hüttenwerk besteht aus Kokerei, Hochofen, Konverter-Stahlwerk sowie Neben- und Weiterverarbeitungsanlagen. Hüttengase entstehen im Hochofen, im Konverter-Stahlwerk und in der Kokerei.
In der Kokerei wird aus Steinkohle unter Luftabschluss und Hitze Koks gemacht. Koks ist härter als Kohle und porös, so dass er einerseits den heißen Luftstrom innerhalb des Hochofens ermöglicht und andererseits als Stütze in der Säule aus Eisenerz und Koks wirkt.
Im Hochofen wird aus Eisenerz bei rund 1.500 Grad Eisen hergestellt. Eisen ist noch zu spröde, um es beispielsweise zu Automobilblechen zu verarbeiten, deshalb muss aus Eisen erst Stahl werden. Diese Umwandlung geschieht im Konverter-Stahlwerk. Dort wird der Kohlenstoffgehalt im Eisen mithilfe von Sauerstoff so weit verringert, dass Stahl entsteht.
Bei Carbon2Chem® wollen wir die Hüttengase nicht nur zur Stromerzeugung nutzen, wie bisher, sondern daraus auch chemische Wertstoffe erzeugen. Das hat den Vorteil, dass der für die chemische Produktion verwendete Hüttengas-Anteil nicht mehr verbrannt und weniger Kohlendioxid (CO2) erzeugt wird. Den Kohlenstoff einschließlich des CO2 verwenden wir in der Chemieproduktion ein zweites Mal.
Hüttengas enthält unter anderem Wasserstoff und Stickstoff. Kohlenstoff kommt darin ebenfalls in großen Mengen vor: als Kohlenmonoxid (CO), als Kohlendioxid (CO2) und als Methan (CH4). Kohlenstoff, Wasserstoff und Stickstoff sind die Basis für zahlreiche chemische Produkte.
Hüttengas besteht aus 44 Prozent Stickstoff, 23 Prozent Kohlenstoffmonoxid, 21 Prozent Kohlendioxid, 10 Prozent Wasserstoff und zwei Prozent Methan.
Aus Stickstoff und Wasserstoff lässt sich Ammoniak herstellen. Aus Ammoniak wiederum wird Mineraldünger, die Voraussetzung für die Ernährung eines Großteils der Weltbevölkerung. Das so genannte Haber-Bosch Verfahren hierfür gibt es schon seit 1910. Die chemische Reaktion verläuft bei einem Druck von 200 bis 300 bar und einer Temperatur von 350 bis 450 Grad Celsius. Ein Katalysator beschleunigt die Umwandlung.
Kohlenstoff, also Kohlenmonoxid und Kohlendioxid, sowie Wasserstoff sind die Grundlage für Methanol. Mit Methanol können Autos fahren, Flugzeuge fliegen oder weitere Chemikalien erzeugt werden. Auch hier ist das Herstellungsverfahren schon seit dem frühen 20. Jahrhundert bekannt.
Methanol ist eine der meisthergestellten organischen Chemikalien. Heute wird der Großteil in einem Prozess hergestellt, der mit 50 bis 100 bar Druck und 200 bis 300 Grad Celsius arbeitet. Auch hier verwendet man metallische Katalysatoren, um die chemische Reaktion zu beschleunigen. Der für die Methanolherstellung nötige Kohlenstoff muss derzeit überwiegend aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas gewonnen werden.
Kohlenstoff ist ein Grundstoff für die Chemie. Das gilt auch für Kohlendioxid. Bei der Chemieproduktion können wir einen großen Teil des CO2 nutzen. Das klimaschädliche Gas wird nicht mehr in die Luft abgegeben.
Kohlendioxid ist ein unvermeidliches Nebenprodukt der Roheisenerzeugung. Chemisch gesehen ist das Stahl-Ausgangsmaterial Eisenerz ein Eisenoxid, das heißt eine Verbindung aus Eisen und Sauerstoff. Um daraus Eisen zu gewinnen, müssen die beiden Bestandteile voneinander getrennt werden. Dafür braucht man Kohlenstoff: Er verbindet sich mit dem Sauerstoff zu Kohlenmonoxid und schließlich zu Kohlendioxid. Das Eisen wird frei.
Moderne Hochöfen arbeiten an der so genannten thermodynamischen Grenze. Das bedeutet, dass eine weitere Verringerung des Kohlenstoffeinsatzes bei der Roheisenerzeugung ohne tief greifende technologische Veränderungen nicht möglich ist. Deshalb haben wir mit Carbon2Chem®. ein Konzept für die Mehrfachnutzung von Kohlenstoff entwickelt.
Schließlich ist Kohlenstoff, also auch CO2, nicht nur der Grundbaustein allen irdischen Lebens, sondern auch der wichtigste Rohstoff für die organische Chemie. Deshalb recyceln wir CO2 bei der Ammoniak- und Methanolproduktion. Das unterscheidet unsere Lösung von so genannten CCS-Konzepten (Carbon Capture and Storage), bei denen CO2 abgetrennt und dann gelagert wird. Der Vorteil von Carbon2Chem®: Das Verfahren ist wirtschaftlich und braucht keine Lagerstätten für CO2. Und es spart fossile Brennstoffe.
Bei Carbon2Chem® brauchen wir Wasserstoff für die chemischen Prozesse, die bei der Ammoniak- und der Methanolherstellung ablaufen. Während für die Ammoniaksynthese der in den Hüttengasen bereits enthaltene Wasserstoff ausreicht, müssen wir für die Methanolherstellung zusätzlichen Wasserstoff produzieren.
Für die Produktion von Wasserstoff braucht man viel Strom. Wasserstoff wird durch Wasserelektrolyse hergestellt, bei der Wasser mit Hilfe von Elektrizität in Sauerstoff und Wasserstoff gespalten wird. Wir wollen den nötigen Strom aus Erneuerbaren Energien beziehen. Und zwar dann, wenn ein Überangebot herrscht und der grüne Strom besonders preiswert ist. Auch hier ist die CO2-Bilanz von Carbon2Chem® also makellos.
Eine Herausforderung der Energiewende ist das stark schwankende Stromangebot aus Wind und Sonne auf der einen Seite und die Forderung nach zuverlässiger Energieversorgung auf der anderen Seite. Weil wir Stromüberschuss für den Carbon2Chem® Prozess nutzen, tragen wir zum Gleichgewicht der Stromversorgung bei.
Stromüberschüsse sind heute noch eine Herausforderung für unser Energiesystem. Häufig muss überschüssige Elektrizität gegen Gebühren ins benachbarte Ausland umgeleitet werden. Carbon2Chem® bietet die Möglichkeit, große Industrieanlagen wie Stahl- und Chemiewerke als Energiepuffer zu nutzen.
Wir aktivieren unsere Chemieproduktion dann, wenn Energie in großen Mengen und zu günstigen Preisen zur Verfügung steht. In dieser Situation werden die Hüttengas-Ströme aufgeteilt, so dass ein Teil weiterhin für den Bedarf der Stahlherstellung und der andere Teil für die Chemieproduktion mithilfe erneuerbarer Energien zur Verfügung steht. Dieses Konzept nennt man Lastmanagement oder auch Demand Side Management. Damit stabilisieren wir das Stromnetz und tragen zur Energiewende bei.
Allerdings entstehen an dieser Stelle auch die großen technischen Herausforderungen unseres Entwicklungsprojekts. Die chemischen Verfahren für die Produktion von Ammoniak und Methanol sind zwar bekannt. Die Anlagen dafür sind jedoch auf kontinuierlichen Betrieb rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr ausgelegt. Bislang ist es so, dass Schwankungen im Betrieb, Veränderungen in Temperaturen und Drücken Kernkomponenten der Anlagen zerstören.
Vor allem die bekannten Katalysatoren reagieren empfindlich auf Veränderungen in den Betriebsbedingungen und der Zusammensetzung der Gase. Eine der zentralen Entwicklungsaufgaben für Carbon2Chem® ist deshalb die Suche nach Katalysatoren, die Betriebsschwankungen verkraften können ohne an Leistung zu verlieren.
An dem Projekt beteiligen sich Partner aus der Chemie- und der Energiewirtschaft sowie der Stahlindustrie. So entsteht eine völlig neue Zusammenarbeit nationaler Schlüsselindustrien.
Chemie-, Stahl- und Stromwirtschaft beschäftigen in Deutschland mehr als ein halbe Million Menschen. Der Gesamtumsatz der drei Branchen liegt bei rund 264 Milliarden Euro.
Deutschland ist der größte Stahlhersteller in der EU und der siebtgrößte Stahlhersteller der Welt. Als Basisindustrie hat die Stahlbranche eine besondere Bedeutung für die Wertschöpfungsketten in Deutschland. Die zahlreichen Innovationen dieses Wirtschaftszweiges und seine enge Verflechtung mit anderen Industriebranchen tragen zu den Erfolgen beispielsweise der Automobilindustrie oder des Maschinenbaus bei.
Die Chemiebranche ist neben der Automobilindustrie und der Maschinen- und Elektroindustrie der viertgrößte Arbeitgeber in Deutschland. Chemische Erzeugnisse haben Einzug in alle Bereiche des täglichen Lebens gefunden und werden in 90 Prozent der alltäglich verwendeten Produkte eingesetzt.
Die jederzeit sichere Versorgung mit Energie, vor allem mit Strom, ist eine entscheidende Grundlage für wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung. Deutschland nimmt hier im weltweiten Vergleich eine Spitzenposition ein. Innerhalb der Energiewirtschaft hat die Elektrizitätswirtschaft das größte Gewicht. Die Energiewirtschaft treibt Innovationen in den Bereichen Energieerzeugung, -umwandlung, -bereitstellung und -anwendung voran.
Presse
Spatenstich für Carbon2Chem Technikum
Carbon2Chem: erster Spatenstich Technikum. Grußwort von Dr. Heinrich Hiesinger
Carbon2Chem: Die Rolle der Max-Planck-Gesellschaft
Carbon2Chem: Die Partner
Herausforderung ,,Carbon2Chem" - Was macht die Forschung?
Auf einen Blick: ,,Carbon2Chem"
Carbon2Chem: Mit Abgas das Klima retten
Carbon2Chem: Industrie kooperiert für Klimaschutz und Energiewende
Gemeinsam für den Klimaschutz - Kohlendioxid sinnvoll nutzen
Carbon2Chem: Branchenübergreifende Innovation für Klimaschutz und Energiewende
Klimaschutz durch emissionsarme Verbundproduktion der Stahl- und Chemieindustrie
Kontakt
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