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Bücherei mit Patina

Zeichen der Vergänglichkeit – ein Bibliotheksgebäude in der Schweiz wurde mit dem wetterfesten Baustahl patinax® von thyssenkrupp Steel Europe verkleidet.

(Text: Reiner Schweinfurth)

Von wegen, das Gutenbergzeitalter ist vorbei. In der schweizerischen Gemeinde Büron bei Luzern steht gerade ein Bücherspeicher vor der Vollendung, in dem künftig bis zu 14 Millionen Schriftstücke eine neue Heimat finden sollen. Er ist damit einer der größten Aufbewahrungsorte für Druckerzeugnisse in der Schweiz.

Die Kundschaft schätzt die sich selbst überlassene Ausstrahlung.

Nina Kolbe, Technische Kundenberatung Grobblech

Entstanden ist ein architektonisch anspruchsvolles Gebäude, das mit patinax® aus dem Grobblechbereich von thyssenkrupp verkleidet ist. „Wetterfeste Baustähle gibt es seit den 1930er-Jahren“, sagt Nina Kolbe aus der Technischen Kundenberatung im Grobblechbereich von thyssenkrupp. „Seit Ende der 50er-Jahre werden sie auch in Deutschland produziert und unter anderem als Fassadenbaustahl eingesetzt.“ thyssenkrupp hat das Produkt seit den 70er-Jahren im Portfolio – damals noch unter dem Namen COR-TEN®.

Archivbücherei Büron
Universelles Wissen: In der Archivbücherei Büron haben viele Millionen Bücher Platz.

Der Stahl rostet bei Einhaltung bestimmter baulicher Maßnahmen deutlich langsamer, die Patina kann sich ungestört bilden und regenerieren. Eine besondere Pflege entfällt.

Thorsten Krenke, Forschung und Entwicklung Grobblechbereich

Seither sind Stahlzusammensetzung und Herstellungswege immer weiter den modernen Anforderungen angepasst worden. „Unsere Kunden können nach wie vor auf die guten physikalischen Eigenschaften sowie die Qualität unserer wetterfesten Stähle setzen.“ Der Werkstoff erzielt durch die natürliche Korrosion einen ästhetischen Effekt, der auch die Architekten überzeugte. „Der Neubau liegt in einer ländlichen Gegend“, sagt Pius Glanzmann vom Büro gzp architekten in Luzern. „Er steht im Bezug zur Natur und den wenigen Landwirtschaftsgebäuden. Daher wurde ein Material gesucht, dessen Oberfläche, ähnlich dem Holz der Scheunen, eine feine heterogene Optik aufweist.“

Und es wurde gefunden: Das Planungs- und Konstruktionsbüro Eleconstruct & Partner in Emmen hat zusammen mit dem Grobblechbereich von thyssenkrupp und dessen Schweizer Vertretung patinax® vorgeschlagen. Der Werkstoff hat im Vergleich zu herkömmlichem Baustahl eine optimierte Stahllegierung mit Kupfer, Chrom und Nickel. Diese wichtigen Zusatzelemente ermöglichen die Bildung einer natürlich aussehenden, schützenden und fest anhaftenden Rostschicht, der sogenannten Patina. Sie macht den Stahl besonders widerstandsfähig gegen atmosphärische Korrosion.
Bücherei mit Patina
Verwitterndes Metall gilt als Indiz für historische Authentizität.

„Der Stahl rostet bei Einhaltung bestimmter baulicher Maßnahmen deutlich langsamer, die Patina kann sich ungestört bilden und regenerieren. Eine besondere Pflege entfällt“, so Thorsten Krenke aus der Forschung und Entwicklung des Grobblechbereichs von thyssenkrupp. In dem riesigen Gebäude findet der Bestand aus insgesamt fünf Bibliotheken eine neue Heimat: die Universitäten von Basel und Zürich, die Zentralbibliotheken Zürich und Solothurn, sowie der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern.

Für die Energieversorgung kommen sowohl Solarkraft als auch Energiepfähle zum Einsatz. Die Pfähle nutzen die Erdwärme und werden bis in eine Tiefe von 28 Metern in den Boden getrieben. Das gesamte voll automatisierte System kostet etwa 30 Millionen Schweizer Franken (umgerechnet etwa 27 Millionen Euro). Durch patinax® erhält das Gebäude ein unverwechselbares Aussehen. Die Fassade verändert sich mit der Zeit und dem Wetter. Architekt Glanzmann: „In dem Archiv lagern sowohl neue als auch alte Bücher. Themen wie Zeit und Vergänglichkeit spielen eine wichtige Rolle. Rostender Stahl bringt dies bestens zum Ausdruck“, so Glanzmann.

Die Einsatzmöglichkeiten des Werkstoffs sind vielfältig. Neben Fassaden bewährt er sich auch in Brücken, Kaminen, Waggons und im künstlerischen Stahlbau. Das Interesse an wetterfesten Baustählen der Marke patinax® wächst. „Die Kundschaft schätzt die natürliche und sich selbst überlassene Ausstrahlung“, so Nina Kolbe. „Daher erreichen uns zurzeit viele Anfragen aus dem In- und Ausland, insbesondere aus dem süddeutschen Raum, Österreich und der Schweiz.“

Neue Perspektiven auf rostige Oberflächen

Galt Rost früher als Indikator für Altersschwäche und Qualitätsmangel, hielt er Mitte des 20. Jahrhunderts als Objektkunst inszeniert Einzug in Galerien und Museen. In den 70er-Jahren wurden rostige Kunstwerke auch im Freien installiert – und stießen damals nicht immer auf Gegenliebe. Erst um die Jahrtausendwende weckt Rost in der Alltagskultur der westlichen Industrienationen das ästhetische Interesse. Rost gilt nun als Indiz für historische Authentizität und Nostalgie. Sein positiv belegter Status wird auch in der Bezeichnung „patinax“ deutlich.

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