engineering. tomorrow. together – So bringt thyssenkrupp sein Markenversprechen auf den Punkt. „tomorrow“ bedeutet für uns, beständig an neuen Werkstoffen und Produktionsprozessen zu forschen, um die zukünftigen Bedürfnisse des Marktes und unserer Kunden zu erfüllen.
(Text: Judy Born, Fotos: Dominik Asbach)
Einer der Megatrends der Zukunft ist und bleibt die Mobilität. Sie ist Ausdruck von Freiheit, Unabhängigkeit, Selbstbestimmung. Der Mobilitätsdrang wird heute in erster Linie vom Auto gestillt – was sich in absehbarer Zeit nicht ändern wird. Denn wo die Mobilitätsbegeisterung abnimmt, wird sie andernorts wieder wettgemacht. Nicht zuletzt aufgrund eines anderen Megatrends: Bevölkerungswachstum.
Mehr als eine Milliarde Fahrzeuge sind derzeit weltweit unterwegs. Offen ist die Frage, ob wir demnächst Benzin oder Strom tanken, mit Wasserstoff oder Solarkraft fahren – und ob wir das überhaupt noch selber erledigen oder der Roboter das für uns übernimmt. Das Auto ist das ultimative, individuelle Fortbewegungsmittel, auch wenn es künftig nicht zwingend das eigene sein muss.
Neue Werkstoffe sind gefragt
Das verlangt nach neuen Ideen und Modellen beim Autobau: Fahrzeuge sollen sich in Zukunft noch umweltschonender und ressourcensparender fortbewegen, mehr Sicherheit und Komfort bieten sowie kostengünstiger in der Herstellung und im Unterhalt sein. Für den Stahlbereich von thyssenkrupp heißt das, seine Werkstoffe optimal auf die aktuellen und zukünftigen Anforderungen des Fahrzeugbaus auszurichten: zum Beispiel das Leichtbaupotenzial seiner Stähle zu erhöhen, gleichzeitig die Umformmöglichkeiten zu erweitern und an bestimmten Stellen in der Karosserie für mehr Stabilität einerseits und mehr Flexibilität andererseits zu sorgen.
Wie das geht, sieht man auf der Westfalenhütte in Dortmund, wo thyssenkrupp eine wichtige Dependance seiner Forschungs- und Entwicklungsabteilung unterhält. Hier werden die Leistungen der Werkstoffentwickler zum ersten Mal in Stahl gegossene Realität. „Wir sind im Grunde ein Hüttenwerk in Miniaturform“, sagt Jens-Ulrik Becker, Leiter Prozessentwicklung und Pilotfertigung. „Wie auf den Großanlagen wird bei uns der Stahl ebenfalls geschmolzen, warm und kalt gewalzt sowie geglüht – nur in kleinem Maßstab.“
Die Ideen für neue Werkstoffe kommen nicht nur aus der Autobranche, sondern aus dem gesamten Stahlbereich von thyssenkrupp. „Unsere internen Kunden, wenn Sie so wollen, sind nicht nur die Werkstoffentwickler von Steel, sondern auch die Kollegen vom Mittelband, Weißblech, Grobblech und Elektroband“, so Becker. „Denn wir können viele Anlagen nachstellen und sowohl dünnstes Weißblech als auch massives Grobblech herstellen.“ An Ideenreichtum im Unternehmen herrscht kein Mangel. Man habe immer gut zu tun, meint er.
Suche nach der idealen Oberfläche
Zum Erreichen der Marktreife muss ein neues Produkt bei thyssenkrupp allerdings noch weitere Stationen durchlaufen. In der Regel reichen Becker und seine Mitarbeiter den jungfräulichen Werkstoff weiter an die Pilotfertigung Oberfläche. Hier kümmert sich Bernd Schuhmacher mit seinem Team um die Beschichtung neuer Stahlgüten. Eine zentrale Aufgabe, denn über 80 Prozent der Stahlbleche von thyssenkrupp gehen mit veredelter Oberfläche an die Autokunden.
Die chemische Zusammensetzung einer Stahlsorte hat großen Einfluss auf deren Beschichtbarkeit. „Wir haben beispielsweise ein Schmelztauchlabor, in dem wir die Schmelztauchveredelung neuer Stähle in kleinem Maßstab gezielt nachstellen können“, sagt der Leiter des Bereichs Neue Oberflächentechnologien und Pilotfertigung. Gleiches gilt für das Coil-Coating-Labor, wo organische Beschichtungen mittels Walzen aufgetragen werden. Mithilfe dieser leistungsstarken Labore können viele aufwendige Betriebsversuche eingespart werden, die erst dann zum Tragen kommen, wenn die Laborentwicklung den notwendigen Reifegrad hat.
Ein weiterer Kernbereich des Teams ist die Bandpilotanlage BPA 300. Eine modular aufgebaute Forschungsanlage für 300 Millimeter breites Spaltband, das mit bis zu 60 Metern pro Minute durch die Maschine läuft. Auf der Anlage können zahlreiche neuartige Beschichtungs- und Reinigungsmethoden erprobt werden, die in der Stahlindustrie so bislang noch nicht etabliert sind. Für viele Entwicklungen fungierte sie sozusagen als Geburtshelfer, wie für die Zink-Magnesium-Produktfamilie, die als Schmelztauchprozess seit Kurzem als Außenhautbeschichtung für Autos ihren Stammplatz im Steel-Portfolio hat.
Neue Werkstoffeigenschaften erfordern innovative Technologien. „Da kommen Schmelztauchen oder die organische Bandbeschichtung schon mal an ihre Grenzen“, so Schuhmacher. „Eine Vakuumbedampfung hingegen, bei der sich die Beschichtung als dünner Film auf den Flachstahl niederschlägt, erhöht die Flexibilität bei der Wahl des Beschichtungsprozesses entscheidend.“ Eine solche Technik zu entwickeln und zu industrialisieren – genau dafür wurde die Bandpilotanlage gebaut. „Wir können hier unter Bedingungen testen, die sehr nah an einer industriellen Großanlage sind. Wenn es hier funktioniert, sollte es möglich sein, einen industrietauglichen Prozess zu entwickeln.“ Und wenn nicht, hilft sie frühzeitig, die richtigen Prioritäten zu setzen.