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Nostalgische Küchenhelfer von Riess

Im österreichischen Mostviertel produziert Riess in neunter Generation Emaille-Geschirr zum Kochen und Backen.

(Text: Melanie Wagenhofer)
Emaille-Geschirr von Riess
Emaille-Geschirr von Riess: Sieht mindestens so gut aus wie das, was man darin kochen kann. (Fotos: Christina Häusler / Riess Edition)

Nicht nur Hobbyköchen und Retrofans geht beim Anblick schön geschwungener Pfannen, Messbecher und Schöpflöffel aus Emaille das Herz auf. Auch Starköche wie Alfons Schuhbeck und Sarah Wiener beugen sich dem Charme des Materials, dessen Vorzüge nicht nur optischer Natur sind. Es ist energiesparend, weil mit dem ganzen Gefäß gekocht wird und nicht nur mit dem Boden. Niedrige Temperaturen (500 Watt genügen) sorgen zudem für schonende Garung.

Gebrauchsgüter aus Stahlemaille sind schnitt- und kratzfest, temperaturbeständig und induktionsfähig sowie hundertprozentig zu recyceln.„Wir produzieren seit 1922 Induktionsgeschirr, obwohl es erst 80 Jahre später den Induktionsherd gegeben hat“, sagt Friedrich Riess scherzhaft. Gemeinsam mit Cousine Susanne und Cousin Julian leitet er das Familienunternehmen Riess, den einzigen Kochgeschirrhersteller Österreichs und einer der letzten Produzenten für Emaillegeschirr in Europa.

Das Ausgangsmaterial kommt unter anderem aus dem Stahlbereich von thyssenkrupp. Und das schnell und flexibel. „Ich teile wöchentlich meinen aktuellen Bedarf mit“, so Riess. Der Stahlkonzern liefert kaltgewalzte, emaillierfähige Breitbänder nach Mauthausen, wo sie dann im Stahl-Service-Center zu kleineren Coils zugeschnitten und weiter zu Riess nach Ybbsitz geschickt werden. Hier wird der Stahl zunächst im Presswerk in Form gebracht. Von dort geht es zur Veredelung ins Emaillierwerk.

Beim Emaillieren entsteht ein glasiger Überzug auf Metall, der nicht nur hübsch aussieht, sondern das Objekt vor Korrosion schützt. Emaille wird überwiegend aus Quarz, Feldspat, Borax, Soda, Pottasche und Metalloxiden erschmolzen, die sogenannte „Fritte“. Sie wird gemahlen und mit weiteren Zusätzen vermischt. Die daraus entstehende breiartige Masse bezeichnet man als Emaille-Schlicker. Erfahrene Mitarbeiter tragen ihn in Handarbeit auf die Stahlrohlinge auf, indem sie sie darin eintauchen oder damit besprühen.

Kontinuität und Nachhaltigkeit

An Förderbändern hängend schaukeln Rührschüsseln, Töpfe, Auflauf- und Guglhupfformen auf die Trockenstraße zu und fahren weiter zum Brennen. 850 Grad Celsius Hitze erzeugen die Brennöfen, die Abwärme wird auch zum Trocknen der Ware und Beheizen der Halle genutzt. Das spart Energie. Nachhaltigkeit und Beständigkeit begegnen dem Besucher überall auf dem Firmengelände: Ob pastellfarbene Geschirrklassiker, die an Omas Küchenutensilien erinnern, oder Maschinen, von denen die älteste aus dem Jahr 1926 ist und die besser und energieeffizienter ihren Dienst verrichten als so manches neue Gerät. Besonders stolz ist Friedrich Riess auf die Auszeichnungen für umweltschonende Produktion. Ein eigenes Wasserkraftwerk, das sein Großvater gebaut hat, sorgt dafür, dass die Manufaktur seit den 1920ern energieautark ist.

Dank ihrer Flexibilität kann sich die einstige Pfannenschmiede im Markt behaupten und liefert in 38 Länder weltweit. Vom Markt verschwundene Artikel legt man bei Bedarf wieder auf – auch in kleiner Stückzahl. Was es noch nicht gibt, wird neu entwickelt. Das gilt für Werkzeuge und Emaille-Schilder ebenso wie für Designobjekte und Sonderanfertigungen aller Art.

Mitarbeiter der Firma Riess mit Carsten Jansen im Besuchszentrum
Mitarbeiter der Firma Riess mit Carsten Jansen im Besuchszentrum
Auch dafür ist Steel ein passender Partner. Carsten Jansen, seit acht Jahren in der Technischen Kundenberatung von thyssenkrupp tätig, baut dabei auf ein ganzes Team aus Metallurgen, Schweißexperten und Emaille-Fachleuten. Gemeinsam können so Probleme behandelt oder neue Möglichkeiten im Design erarbeitet werden, indem man zum Beispiel über eine bessere Umformbarkeit des Ausgangsmaterials Stahl nachdenkt.

Derzeit wird der Familienbetrieb in der neunten Generation geführt, doch die Nachfolge ist bereits gesichert. „Wissen ist unser Kapital“, sagt Riess. Und so bleibt das Unternehmen ein Erbstück für Generationen. Genau wie seine Produkte.

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